Vor 100 Jahren wurde die Freiwillige Feuerwehr Schnauderhainichen gegründet
Vor 100 Jahren wurde die Freiwillige Feuerwehr Schnauderhainichen gegründet
Von „Gott zur Ehr‘, dem Nächsten zur Wehr“ über „Einer für alle, alle für Einen“ bis „Retten – löschen – bergen - schützen“ – egal, unter welchem Motto die Arbeit der Feuerwehr geführt wird, es geht immer darum, Menschen, Tiere und Güter vor dem „Roten Hahn“ zu retten, ob in Betrieben, Städten oder kleinen Ortschaften.
Im September 2023 jährt sich die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr in Schnauderhainichen zum einhundertsten Mal.
In vorangegangenen Zeiten hatte jeder Einwohner selbständig auf „Feuer und Licht“ zu achten. Auf jedem bebauten Grundstück befand sich ein Brunnen, die Löschgeräte bestanden aus Eimern, Feuerhaken und Leitern. Offensichtlich war dieser Schutz nicht immer ausreichend, die Flammen behielten meist die Oberhand. Eine „Rotte Schnauderhainichen“ wird erstmalig 1903 erwähnt.
Im Jahr 1922 wurde Schnauderhainichen in die Stadt Meuselwitz eingemeindet.
Im Mai 1923 entschloss man sich in Schnauderhainichen, einen eigenen Feuerwehrzug ins Leben zu rufen.
Am 9. September 1923 wurde das 55-jährige Stiftungsfest der Freiwilligen Feuerwehr Meuselwitz begangen. Auf dem Rathenauplatz fanden öffentliche Vorführungen und Übungen verschiedener Feuerwehrzüge statt. Mit dabei waren auch die Kameraden aus Schnauderhainichen.
Die Übungen wurden nach der neuen, soeben erst verfügten Thüringer Übungsordnung durchgeführt, die die Kameraden trotz der kurzen Übungszeit bereits gut gelernt hatten.
In einem Zeitungsartikel vom 11. September 1923 wird über diesen Tag folgendes berichtet: „Noch waren die Kameraden auf dem Nachhauseweg, als von Schnauderhainichen die Wehr zur Hilfeleistung gerufen wurde. Die Abteilungen setzten sich bald nach erneutem Alarmruf wieder in Bewegung, teils auf den bespannten Geräten, teils zu Wagen oder Rad. Der eben in den Ortsteil Schnauderhainichen zurückgekehrte Zug Schnauderhainichen griff den als Brandobjekt gewählten Gasthof sofort an und fand bald tatkräftige Unterstützung durch die zuerst eingetroffene Motorspritze und die kurz darauf folgende Handspritze, während die Steiger die Rettungsarbeiten mit bekanntem Eifer erledigten. Bereits 20 Minuten nach der Alarmierung in Meuselwitz waren die Abteilungen an der Brandstelle tätig. Am Nachmittag fand in Schnauderhainichen die Gründungsfeier des neuen Zuges … unter reger Anteilnahme statt.“
Für den Abend wurde zu einem großen Festball in beiden Dorfgasthöfen eingeladen.
22.06.1923 Artikel im „Bote von der Schnauder“ 07.09.1923
Zum ersten Ortsbrandmeister wurde Paul Grimmer ernannt, der damals im Haus von Klaus Teckelmann wohnte. Sein Stellvertreter wurde Karl Müller, damals Lehrer in Schnauderhainichen.
Der Bau der Feuer- und Sanitätswache in der Meuselwitzer Bauvereinsstraße im Jahr 1926 brachte u. a. für Schnauderhainichen die Möglichkeit, per Telefon zusätzliche Kräfte der Meuselwitzer Wehr anzufordern.
Paul Grimmer fungierte bis 1934, danach wurden es bis 1938 Karl Müller und dessen Stellvertreter Erich Peitzsch. 1938 wurde Karl Müller zum Bezirksbrandmeister berufen.
1938 übernahm Erich Peitzsch als dritter Ortsbrandmeister die Geschicke der FFW.
Zur Technik gehörten damals zwei Schlauchwagen mit Holzrädern und eine Handdruckspritze. Deren Bedienung war reine Handarbeit und enorm kräftezehrend. Es wurden ca. 16 Mann benötigt, da ein ständiger Wechsel der Feuerwehrleute stattfinden musste.
Die historische Handdruckspritze aus dem Jahr 1874 wurde in der jüngeren Vergangenheit mehrfach bei Umzügen oder Ausstellungen präsentiert. Da es keine Möglichkeit zum Anhängen der Spritze an ein Auto gibt, erfolgt deren Transport entweder auf einem Plattenwagen oder sie wird durch Pferdekraft gezogen.
Das Bedienen der Handdruckspritze erforderte viel Muskelkraft.
1945 wurde Willi Köhler der vierte Ortsbrandmeister. Im selben Jahr wurde eine Tragkraftspritze angeschafft, ab 1955 kam ein Tragkraftspritzenanhänger (TSA) mit Luftbereifung und einer Tragkraftspritze (TS 8) dazu.
In Meuschkes Gasthof (später Salomon) fand immer am Ersten Weihnachtsfeiertag ein öffentlicher Tanz statt. Im Vorfeld wurden durch die Mitglieder der FFW Feuerholz und Briketts gesammelt, um den Saal im Gasthof etwas zu heizen. Zu diesem Tanz spielte eine Meuselwitzer Drei-Mann-Kapelle, der Chef Max Händel blies Trompete.
Auch fand einmal im Jahr eine Ausfahrt der Schnauderhainicher Feuerwehrleute mit Ehepartnern statt, u. a. ging es an die Göltzschtalbrücke. Die Ausfahrten waren immer sehr lustig und es wurde lange Zeit darüber gesprochen. Einiges wurde auch auf damals üblichen Schmalfilmen festgehalten.
Das Amt des Ortsbrandmeisters führte Willi Köhler bis zum Jahr 1960 aus. Ihm folgte dann bis 1970 Albert Kolodziej und dessen Stellvertreter war Erhard Teckelmann.
Nachdem Willi Köhler nach Meuselwitz gezogen war, ließ er es sich nicht nehmen, jedes Jahr zum 1. Mai um 6 Uhr nach Schnauderhainichen zu kommen und den Weckruf mit der Trompete auf dem „Dreieck“ (Str. d. Einheit/Talstraße) durchzuführen.
1967 erfolgte die Umbenennung der Wehr Schnauderhainichen in „Kommandostelle Schnauderhainichen“.
Am 8. März 1968 wurde eine Frauenbrandschutz-Gruppe mit damals 8 Frauen gegründet. Diese Frauen waren für den vorbeugenden Brandschutz zuständig, d. h., es wurden Kontrollen in den Häusern durchgeführt, die zu dieser Zeit überall noch Ofenheizung hatten. Kontrolliert wurde z. B., ob Bleche vor den Öfen vorhanden waren, sollte mal Glut herausfallen oder dass keine Wäsche am oder über dem Ofen getrocknet wurde.
Einmal im Jahr – meist im Herbst – wurden durch die Männer Hydranten-Prüfungen durchgeführt, damit im Winter nichts eingefrieren konnte, wenn es auch da mal zu einem Brand kam.
1970 übernahm Erhard Teckelmann als 6. Ortsbrandmeister bis 1995 die Geschicke der Wehr, sein Stellvertreter wurde bis 1990 Dieter Bachmann.
Fortan fanden im Winterhalbjahr regelmäßig aller 14 Tage Schulungen statt. Diese wurden am Anfang noch im Turnraum der ehemaligen Schule in Schnauderhainichen durchgeführt. Angeheizt wurde dieser Raum durch Lina Fabian, die damals in der Schule wohnte. - Einmal im Monat wurden auch praktische Übungen durchgeführt.
Von 1979 bis 1984 fanden umfangreiche Veränderungen am jetzigen Vereinsgebäude statt. Das Obergeschoss, das damals noch als Wohnung diente, wurde abgetragen und durch ein Flachdach ersetzt. Außerdem erfolgte ein Anbau mit Garage, der fortan als Stellplatz für die historische Handdruckspritze genutzt wurde. Schulungsraum, Küche und WC wurden errichtet, Wände geputzt, Regale gebaut, um Sachen (FFW-Kleidung) unterzubringen und Aufhängungen zum Trocknen der Schläuche installiert. Trotz der wenigen Mittel, die zur Verfügung standen, wurden beachtliche Räumlichkeiten geschaffen.
Die Kameradinnen und Kameraden der FFW Schnauderhainichen in den 1970er Jahren
In den 1980er Jahren geschah es, dass während einer Schulung die Feuerwehr-Kameraden zu einem richtigen Brand alarmiert wurden. Es war ein Schwelbrand bei Herrn Deckner, Straße der Einheit 1. Dieser wurde sehr schnell unter Kontrolle gebracht. Kurze Zeit später brannte es wieder bei ihm, doch da kam für Herrn Deckner leider jede Hilfe zu spät.
1980 wurde ein Feuerlöschteich im Ort angelegt, der im Jahr 2023 verfüllt wurde. Mit der Neuverlegung der Wasser- und Abwasserleitungen, der damit verbundenen Druckverbesserung und der allgemeinen Verbesserung der Technik war dessen Aufgabe erloschen.
1990 bis 1995 fungierte Veit Arnold als Stellvertreter. Er wurde 1991 zum stellvertretenden Wirkungsbereichsleiter/Wirkungsbereich Meuselwitz berufen. 1992 erfolgte seine Berufung zum Kreisbrandmeister Altenburger Land. 1995 wurde er der siebte und letzte Ortsbrandmeister von Schnauderhainichen, denn im Jahr 1996 wurde die Wehr aufgrund eines Stadtratsbeschlusses der Stadt Meuselwitz im 73. Jahr ihres Bestehens aus dem aktiven Feuerlöschwesen entlassen.
Daraufhin gründete sich im gleichen Jahr der „Feuerwehr- und Heimatverein Schnauderhainichen e. V.“ mit dem Vorstand Jürgen Böhme, Thomas Geß und Renate Hilpert.
Wappen des Feuerwehr- und Heimatvereins Schnauderhainichen e. V.
Dieses Ereignis wurde am neu errichteten Spielplatz in der Talstraße mit einem Dorf- und Kinderfest gebührend gefeiert. Das seitdem jährlich organisierte Fest zieht nicht nur Ortsansässige an. Ehemalige Schnauderhainicher treffen sich, um gemeinsame Erinnerungen auszutauschen, Einwohner der Umgebung erfreuen sich am regen Dorfleben.
Es werden heute noch bei besonderen Anlässen die Filme von damals angesehen und man erinnert sich gern an die alten Zeiten, als Schnauderhainichen eine eigene Wehr hatte.
Sehr bemerkenswert ist, dass sich die noch verbliebenen Mitglieder der damaligen Frauenbrandschutzgruppe heutzutage zu Geburtstagen oder Jubiläen weiterhin treffen und gemeinsam feiern.
Sabine Geß / Steffi Müller
Quellen:
Chronik von Schnauderhainichen – erschienen 2009 – Katzbach-Verlag Regis-Breitingen
„Bote von der Schnauder“ September 1923
Mündliche Überlieferungen